Ihr seid also immer gewaltfrei?
Fragen, die uns so oder in ähnlicher Form öfter gestellt werden… verständlich, gewaltfrei streicht ja wirklich mehr die Negation als wie das Positive hervor. Der Dualismus von gewaltvoll und gewaltfrei, der eben nicht nur physische, sondern verbale sowie innerliche Gewalt erforscht, ist ein Kompass, keine Regel! Er macht mich aufmerksam auf meine inter- und intrapersönliche Kommunikation: Wie gehe ich eigentlich mit mir (und meinen Anteilen) sowie meinen Mitmenschen um?

Und Gewaltfreiheit ist ein Werkzeug, denn selbst wenn andere objektiv betrachtet einen „gewaltvollen“ Umgang pflegen, so kann ich mich darin üben, dahinter zu hören, was hinter all diesen Wörtern und Taten an Emotionen und (unerfüllten) Anliegen liegt. Das ist vor allem Eigenarbeit, die niemand „immer“ leisten muss, sonst wäre es erst recht wieder unfrei und dogmatisch. Wir halten es für eine Bereicherung, wenn wir in brenzlichen Situationen die Wahlfreiheit neben den instinktiven Reaktionsmustern von Angriff, Starre und Flucht noch den authentischen Selbstausdruck bzw. empathisches Zuhören erweitern. Dafür brauchen wir weniger Formeln und Regeln (das sind Hilfskonstrukte, Mittel zum Zweck), sondern eine wohlwollende und ermutigende Verbindung mit sich selbst.

Unterdrückt man da nicht seine Aggression?
Ich glaube tatsächlich dass GfK niederschwelliger für jene Leute ist, die ihre Aggression unterdrücken. Die Außenwelt spiegelt einem deshalb verstärkt diese Aggression, mit der man selbst wenig anfangen kann, und sucht Inspiration und Unterstützung z.B. in der GfK. Das beobachte ich als Tendenz (auch bei mir), ich meine damit keine Verallgemeinerung. Was dann oft für viele überraschend ist und nochmal zusätzliche Lernfreude machen kann, ist, dass es nicht darum geht nett zu sein und die Mitmenschen auch möglichst „netter“ zu machen. Es geht um’s echt sein. Da sind manche Menschen, die ihren Ärger und Frust ausdrücken, im Ausdruck eventuell schon etwas freier, denn sie gehen damit auch das Risiko ein, nicht gemocht zu werden (nette Menschen würden das nie wagen).

Aggressionen mit (GfK) Belehrungen zu begegnen halte ich für aggressiv, insbesondere wenn man sich damit in eine „bessere“ Position argumentiert und damit versucht den Konflikt zu unterdrücken, um den es dabei geht. Die eigene Aggression als Kraft willkommen zu heißen und sie auf Weisen kennenlernen und kultivieren, dass sie sich für etwas einsetzt anstatt gegen etwas ist die Kunst, die manche Gewaltfreiheit nennen würden, andere „Integrität“. Wenn ich mich mit der gewaltfreien Kommunikation authentisch auseinandersetzen möchte, bleibt mir nichts anderes übrig als meine und andere gewaltvollen Seiten zu erforschen und das Lebenwerte darin sehen zu lernen.

 

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