Wie über Gefühle sprechen nicht mehr Konflikte eskalieren lässt…

Jedes Gefühl ist eine Möglichkeit, besser im Kontakt mit mir und dem was ich will zu sein – wenn ich es anerkenne. Im Umgang mit anderen Menschen zögern aber viele, ihre Gefühle da sein zu lassen und sich mitzuteilen. Ein Grund dafür ist die Angst vor der Reaktion der anderen. Eine kleine Krux liegt hier in der Art, wie wir unsere Gefühle ausdrücken: Denn tatsächlich zeigen sich viele dabei nicht wirklich selbst, sondern bewerten die Handlungen anderer. Und dagegen wehren sich die dann.

In unserem Sprachgebrauch und Denken wird das Wort „fühlen“ oft verwendet, ohne damit wirklich ein Gefühl auszudrücken. Stattdessen interpretieren wir, was andere um uns herum tun. „Reine“ Gefühlswörter drücken meine Befindlichkeit aus, ohne auf einen Verursacher oder eine Handlung hinzuweisen. Sie sprechen von mir (z.B.: „Ich bin … fröhlich, erleichtert, entspannt, traurig, frustriert.“).


Andere Formulierungen zeigen eher meine Gedanken und Bewertungen, die ich zu der Situation habe und sprechen von anderen (z.B.: „Ich fühle mich … übergangen, unverstanden, vernachlässigt, im Stich gelassen“). Dabei kann mein Gegenüber leicht Zurückweisung, Vorwürfe, Schuld- oder Schamgefühle empfinden, wogegen sich viele wehren und dann die Schotten dicht machen. Von den eigenen Gefühlen zu sprechen, gibt mir die Verantwortung für meine Gefühle und macht mich in gleichem Maße frei.

Wenn wir üben, das „Ich fühle mich … weil du etwas getan hast!“ in ein „Ich fühle … weil ich etwas brauche!“ zu verwandeln, wird die Kommunikation klarer und Vorstellungen von Zurückweisung, Schuld- und Schamgefühle treten weniger leicht auf. Dieses Verantwortung zu sich nehmen gibt auch mehr Sicherheit in Situationen, wo ich meine Gefühle ausdrücken möchte.

Hier ist ein einfacher Test, der dir hilft an der Formulierung zu erkennen, ob du tatsächlich von dir sprichst, oder ob du das Verhalten einer anderen Person bewertest und indirekt von ihr sprichst. Ersetze den Teil „Ich fühle mich“ durch die untenstehenden zwei Ausdrücke. Mit welcher Phrase klingt es stimmiger?

1. „Darauf reagiere ich …“
2. „Du hast mich …“ oder „Er/Sie hat mich …“

Zum Beispiel:
„Ich fühle mich ausgenutzt“
Darauf reagiere ich ausgenutzt.
Du hast mich ausgenutzt. – die Verantwortung liegt beim Du.

Übung: Gefühlswörter übersetzen

Hier stehen einige Wörter, mit denen die Handlung anderer beschrieben wird anstatt der eigenen Gefühle. Greif‘ dir ein Wort heraus, erinnere dich an eine Situation, in der es dir so gegangen ist, und spür‘ nach, wie du dich tatsächlich fühlst. Vielleicht hilft dir die Frage: Wie fühlst du dich, wenn du denkst, dass du… (angegriffen) wirst?
z.B.: ausgenutzt – vielleicht fühle ich mich hilflos, traurig, frustriert (und wünsche mir eine Ausgewogenheit im Geben und Nehmen)

Übung: Gefühle oder Gedanken?

Bei welchen Sätzen werden Gefühle ausgedrückt, bei welchen Gedanken und Interpretationen? Wie können diese umformuliert werden (wieder hilft der Satz: „Was fühlst du, wenn du denkst …“

Ich habe das Gefühl, wir drehen uns im Kreis.
Übersetzung:………………………………………………………………… .

Ich fühle mich komplett missverstanden!
Übersetzung:………………………………………………………………… .

Ich spüre, dass Sie eigentlich keine Lust mehr haben.
Übersetzung:………………………………………………………………… .

Ich fühle, dass du nicht ganz aufrichtig zu mir bist!
Übersetzung:………………………………………………………………… .

Fühlst du dich hintergangen, weil ich direkt mit deinem Chef gesprochen habe?
Übersetzung:………………………………………………………………… .